Schützt die Nacht
Schützt die Nacht!
Die Verfügbarkeit von günstigem, künstlichem Licht hat sich vielerorts als Segen und Fluch erwiesen. Einerseits ermöglicht es uns, uns rund um die Uhr überall zurechtzufinden, andererseits neigen wir dazu, übermäßig viel Licht zu verwenden, ohne zu bedenken, ob wir dabei Grenzen überschreiten, deren Konsequenzen uns nicht bewusst sind. Es ist jedoch längst klar, dass die Lichtverschmutzung, die wir auf unserem Planeten verursachen, gravierende Auswirkungen auf die gesamte Natur hat – nicht nur auf den Menschen.
Wissenschaftliche Studien belegen seit Jahrzehnten, dass der Schutz der natürlichen Dunkelheit der Nacht eine dringende Notwendigkeit ist, um künftigen Generationen von Pflanzen, Tieren und Menschen eine lebenswerte Zukunft zu sichern. Das gesamte System Erde ist betroffen, und die daraus resultierenden Herausforderungen sind ebenso komplex wie die des globalen Klimawandels.
Was sind die Auswirkungen der Lichtverschmutzung auf unsere Mitwelt?
- Desorientierung durch „Fesseleffekt“: Viele wandernde Tierarten wie Zugvögel oder Meeresschildkröten werden nachts von künstlichen Lichtquellen angezogen und verlieren ihre natürliche Himmelsorientierung. Das führt zu lebensgefährlichen Fehlleitungen, Kollisionsrisiken mit Bauwerken und Orientierungslosigkeit.
- Störung der Fortpflanzung bei Tieren: Künstliche Lichtquellen können das Hormonsystem von Tieren stören, wodurch Geschlechtspartner zu früh oder zu spät geschlechtsreif werden. Dies kann dazu führen, dass die Brutzeit bei Vögeln ungünstig ausfällt, etwa wenn nicht genug Nahrung wie z.B. Insekten vorhanden ist. Diese Störungen gefährden die Fortpflanzungszyklen, bewirken damit den Rückgang der Populationen und bedrohen die genetische Vielfalt.
- Schädigung des Hormonhaushalts: Lichtverschmutzung führt zur Unterdrückung wichtiger Hormone wie Melatonin, das die Biorhythmik steuert und gleichzeitig das Immunsystem stärkt. Diese Störung beeinträchtigt Gesundheit und Überlebensfähigkeit sowohl von Tieren als auch von Menschen.
- Biorhythmische Desorientierung: Dauerhafte Lichtreize stören den Wechsel zwischen Aktivität und Ruhe. Das bringt nachtaktive und tagaktive Tiere in Not, da ihr gesamter Lebensrhythmus aus dem Gleichgewicht gerät – mit dramatischen Folgen für ihren Energiehaushalt, ihre Fortpflanzung und die Stabilität des gesamten Ökosystems.
- „Staubsaugereffekt“: Populationsverluste durch tödliche Lichtfallen: Viele Insekten und Kleintiere werden von künstlichen Lichtquellen magisch angezogen und verenden an oder um die Lichtquellen. Dieser Effekt führt zu einer rasanten Abnahme ganzer Populationen, was wiederum die Nahrungsgrundlage für größere Arten zerstört.
- Verstärkte Übertragung von Zoonosen: Die Schwächung der Immunabwehr bei Wildtieren durch gestörte Hormonsysteme und Biorhythmen führt zu höherer Krankheitsanfälligkeit. Erkrankte Tiere können Krankheitserreger leichter auf Menschen übertragen – eine Gefahr, die durch das engere Zusammenleben in urbanen Gebieten noch verstärkt wird.
- Unwiederbringlicher Verlust ganzer Lebensgemeinschaften: In der Summe können diese Effekte zu einer nachhaltigen Schädigung und Veränderung gesamter Ökosysteme führen. Damit verlieren wir als Menschen wichtige biologische Ressourcen und die ökologischen Pufferzonen, die auch unsere eigene Gesundheit sichern.
Es gibt einfache und wirkungsvolle Maßnahmen, die wir sowohl im privaten Bereich leicht umsetzen als auch im beruflichen und öffentlichen Sektor ansprechen können, um die Lichtverschmutzung zu thematisieren und ihr entgegenzuwirken:
- Verzicht auf Bodenstrahler: Diese sind nicht nur energieintensiv und unökologisch, sondern locken auch zahlreiche nachtaktive Tiere in tödliche Lichtfallen – ein vermeidbares Risiko für die Artenvielfalt.
- Niedrigere Lichtpunkthöhen wählen: Lichtquellen in niedriger Höhe aufzustellen, etwa für Gehwege, sorgt für gezielte und umweltfreundliche Ausleuchtung, die kaum Streulicht erzeugt und den Boden bewahrt.
- Farbtemperatur auf maximal 2700 Kelvin begrenzen: Warmweißes Licht unter 2700 K mit hohem Rot- und geringem Blauanteil stört nachtaktive Tiere weniger und schont das nächtliche Ökosystem, da es für viele Insekten weniger anziehend ist als kaltweißes Licht.
- Waagerecht montierte Leuchten mit planem Schutzglas: Durch die gezielte Abstrahlung wird Streulicht verhindert, und Licht gelangt nicht unkontrolliert in den Himmel, was Blendung reduziert und Sterne sichtbar hält.
- Voll abgeschirmte Leuchten verwenden: Diese Leuchten verhindern unkontrollierte Abstrahlung und sorgen dafür, dass Licht nur dorthin gelangt, wo es wirklich gebraucht wird – weniger Lichtverschwendung, mehr Schutz für Natur und Mensch.
- Werbebeleuchtung intelligent ausrichten: Leuchten von oben nach unten anzubringen begrenzt den Lichtkegel und minimiert Streuverluste, was gezielte Beleuchtung ohne Umweltbelastung ermöglicht.
- Nachtabschaltung der Beleuchtung: In vielen Bereichen kann die Beleuchtung nach 22 Uhr ausgeschaltet werden. Das ermöglicht Menschen und Tieren, ihre natürliche Ruhephase ungestört zu erleben.
Mehr Informationen zum Thema:
https://www.paten-der-nacht.de/
https://www.lichtverschmutzung-hessen.de/
http://www.lichtverschmutzung.de/
Nachtretter - Kampagne gegen Lichtverschmutzung - BUND Baden-Württemberg
Ein Gastbeitrag von Nicole Schaa
www.entdecke-den-zauberwald.de
https://www.instagram.com/entdecke_den_zauberwald/