Kreisgruppe Wolfsburg

Richtig mähen - Wie tausendfacher Tod von Insekten und Amphibien verhindert werden kann!

22. Mai 2023

Foto: Sirene68 (Ausschnitt)

Wolfsburg: Die Mahd von Grünland erhält wertvolle Lebensräume. Erfolgt diese aber mit einem Mulchgerät, sind anschließend bis zu 90% der Tiere getötet. Darunter Amphibien, Schmetterlinge, Wildbienen und viele andere Insekten. Es geht aber auch anders:

Entscheidend ist die eingesetzte Technik. Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Möglichkeiten die Mahd zu kürzen.
Eine besteht darin, die Vegetation mit scharfen Messern abzuschneiden, zum Beispiel mit einer Sense oder Balkenmähgerät.
Bei der zweiten Möglichkeit kommen Mähgeräten mit rotierenden Klingen zum Einsatz, dazu zählen Kreiselmäher von Landwirten aber auch der handelsübliche Rasenmäher für zu Hause. Und genau da liegt das Problem. Denn durch Rotationsmähwerke werden besonders viele Tiere getötet.

Bereits in den 1990er Jahren wurden Untersuchungen zu den ökologischen Folgen des Mähens durchgeführt. Anlass war damals die Sorge um die Weißstörche, deren Populationen in Deutschland trotz aller Schutzbemühungen vielerorts zurückgingen. In Verdacht kam der Einsatz der weit verbreiteten Kreiselmähern, die viele Amphibien töteten und den Störchen die Nahrungsgrundlage nahmen. Der Verdacht wurde durch Forscher bestätigt, nachdem diese auf Testflächen von Wiesen mit verschiedenen Mähgeräten das Mähgut anschließend mit Heugabeln auf Amphibien durchsucht haben.

Balkenmäher erwiesen sich mit Abstand als die amphibienfreundlichsten Geräte. Bei einer Schnitthöhe von sieben Zentimetern töteten oder verletzten sie rund zehn Prozent der auf einer Fläche lebenden Frösche. Kreiselmäher dagegen hinterließen eine Spur der Verwüstung: Bis über  40 Prozent der Frösche wurden getötet.

Der Balkenmäher erfasst nur dann die Tiere, wenn sie direkt zwischen die fünf bis zehn Zentimeter langen Klingen geraten. Bei Kreiselmähern, deren rotierende Messer oft eine Breite von mehr als einem Meter erfassen, ist der Gefahrenbereich dagegen deutlich größer. Und je langsamer ein Traktor fährt, umso leichter werden die Amphibien dabei erfasst.

Der Einsatz von Rotationsmähwerken hat somit erhebliche Folgen für die ohnehin schon bedrohten Amphibienpopulationen.

Rotierende Messer sind aber nicht nur für Frösche eine tödliche Gefahr. Betroffen sind alle Grünlandbewohner, die zwischen Bodenoberfläche und einem halben Meter Höhe leben, dazu gehören Rehkitzen, Junghasen, Ringelnattern und Eidechsen bis hin zu Spinnen und Insekten.

Der Tod im Mähwerk ist ein bisher unterschätzter Faktor, der zum viel diskutierten Insektensterben beiträgt.

Eine Studie hat untersucht, welchen Einfluss das Mähen und Mulchen von Straßenrändern auf die dortige Insektenfauna hat. Die Böschungen und Grünstreifen machen fast 2 Prozent der Landesfläche aus und sind für Insekten wichtige Lebensräume. Selten gemäht, ungedüngt und weitestgehend von Pestiziden verschont, können Straßenränder daher durchaus dazu beitragen, das lokale Aussterben von Insektenarten verhindern. Gleichzeitig bilden Straßenränder Korridore zu anderen Lebensräumen und sorgen so für den wichtigen genetischen Austausch zwischen den Populationen – sofern kein Mulchmäher dazwischenkommt.

Untersuchungen haben gezeigt, dass ein konventioneller Mulchkopf für Böschungen und Straßenränder auf den gemulchten Flächen 29 Prozent der Wanzen und jeweils rund die Hälfte der Spinnen und Zikaden getötet. Auch Fliegen, Mücken und Hautflügler, zu denen zum Beispiel Bienen und Wespen gehören, büßten rund die Hälfte ihrer Vertreter ein. Insektenlarven wurden sogar um 73 Prozent und Schmetterlinge um 87 Prozent dezimiert.

Dabei gibt es sehr gute Alternativen. „Ökomäher“ mähen nicht tiefer als zehn Zentimeter über dem Boden und haben speziell gestaltete Messer, eine geschlossene Unterseite damit die Insekten durch den Sog nicht ins Mähwerk gerissen werden und darüber hinaus wird die Mahd nicht  gemulcht. Die Ergebnisse sind mehr als beeindruckend: Bei Spinnen, Zikaden, Wanzen, Schmetterlingen und Insektenlarven ließ sich gar kein Schwund mehr nachweisen. Bei Hautflüglern gab es immerhin 15 Prozent und bei Zweiflüglern 25 Prozent weniger

Neben dem Einsatz von entsprechendem Mähwerkzeug kann auch die Mähtechnik den hohen Verlust von Insekten reduzieren. So sollten größere Flächen niemals komplett abgemäht werden. Eine Hälfte sollte stehen  bleiben und später gemäht werden. So können die Tiere dort überleben und die gemähten Flächen später neu besiedeln.

Wird insektenfreundlich gemäht, muss am Ende noch darauf geachtet werden, das Grasschnitt nicht auf der Fläche liegen gelassen wird, da zum einen der Boden zu viel Nährstoffe durch die Verrottung zugeführt werden und sich nur noch starkwüchsige Pflanzen, wie z.B. Löwenzahn durchsetzen.  Empfindlichere „Hungerkünstler“ wie Blutwurz, Frühlingsenzian oder verschiedene Nelkennarten kommen dagegen gar nicht erst durch die Mulchschicht. Die artenreichsten und wertvollsten Grünlandgemeinschaften sind an nährstoffarme Verhältnisse angepasst.

Der BUND appelliert daher an Kommunen, Landwirte und Gartenbesitzer, insbesondere in der Nähe von Amphibienlebensräumen, ausschließlich Balkenmähgeräte einzusetzen.

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